"Inszenierte Folklore"
Der Salmen ist ein Symbol dafür, wie totalitäre Politik Höhepunkte erreicht. Zum einen wurden hier die 13. Forderungen des Volkes von Baden ausgerufen - der Tenor daraus ist das Grundgerüst der Paulskirchenverfassung, an die sich unser Grundgesetz anlehnt - , zum anderen erinnert der Salmen als ehemalige Synagoge an die Verfolgung der Juden in Offenburg im Dritten Reich. Dass der renovierte Salmen jetzt am 13. Mai zu den Heimattagen feierlich neu eröffnet wird, geht ja in Ordnung. Allerdings stoße ich mich daran, wie das geschehen soll. Das Motto der Heimattage "Heimat - Freiheit - Europa" wäre ja noch annehmbar, würden hier nicht gründlich Sinn und Begriffe verhunzt beziehungsweise fehlgedeutet und missinterpretiert. Weshalb kann man den Begriff "Heimat" nicht einfach als eine Bündelung eines lokal- regionalpatriotischen oder auch nationalen Zugehörigkeitsgefühls, einer gemeinsamen Identität, begreifen? Oder wer es mit weniger Pathos mag: mit "Heimat" die Geschichte von Land und Leuten in und um Offenburg hervorheben? Stattdessen sagt man "Europa", meint aber EU.
Dazu hat man einem "Maskottchen" einen Kalabreser - besser bekannt als Hecker-Hut - in den Farben der EU aufgesetzt. Der Hut steht ursprünglich für die Freiheit, also genau für das Gegenteil der EU. Das Thema "Freiheit" wird lediglich geschichtstheoretisch als Erinnerung an 1847 behandelt. Von einer kritischen Auseinandersetzung mit den massiven Freiheits- und Grundrechtseinschränkungen der vergangenen zwei Jahre will man bei der Stadt Offenburg nichts wissen. Das könnte ja die insenzierte Folklore stören. Und bei dieser Folklore stößt es vielen nun wirklich sauer bis bitter auf: Ausgerechnet Wolfgang Schäuble, der sich immer wieder für "andere Formen internationaler Governance" einsetzt - für mich der krasse Gegensatz zu Region und Heimat - soll geehrt werden. Obendrein wird der Präsident des BVerfG, Habarth, sprechen. Jener Habarth, der Eilanträge gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht abgelehnt hatte. Beide stehen für mich weder für Heimat, geschweige denn für Freiheit.