Ließ es sich in der Vergangenheit immer mal wieder darüber streiten, ob ein Gerichtsurteil politisch oder - wenn auch konstruiert - juristisch begründet gewesen ist, so ist diese Fassade der rechtlichen Begründungen heute am beschaulichen Amtsgericht Offenburg in Baden-Württemberg vorerst gefallen. Richter am Amtsgericht Patrick Lehmann legte in seiner mündlichen Urteilsbegründung Taras Maygutiak, der Kreissprecher der AfD Ortenau, Fraktionsvorsitzender der AfD im Offenburger Gemeinderat sowie Direktkandidat zur Bundestagswahl des Wahlkreises 284 für die AfD ist, unverhohlen nahe, er solle die AfD verlassen und seine politische Meinung ändern. Er verwies darauf, dass die AfD-Mitgliedschaft das Strafmaß erhöht habe.
Damit wurde ein Urteil über die AfD gesprochen. Die Botschaft, die heute vom Amtsgericht Offenburg salonfähig gemacht werden sollte, ist, dass sich jedes AfD-Mitglied, jeder AfD-Stadtrat oder Kreisrat, bis hin zur potenziellen Spitzenkandidatin der AfD, Alice Weidel, bei rechtlichen Auseinandersetzungen mit Sonderstrafen sowie mit Strafschärfungen zu rechnen haben. Das ist Willkür, das ist politische Justiz!
Die Ausführungen des Richters in der Urteilsbegründung sind ein eklatanter Eingriff in die verfassungsrechtlich verbriefte Gewaltenteilung. Die Justiz versucht hier offensichtlich die kommende Bundestagswahl zu beeinflussen. Ein ungeheuerlicher Vorgang!
Beschuldigt wurde Taras Maygutiak, in zwei Fällen "Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen" wie sie in §86 StGB definiert sind, öffentlich verbreitet zu haben.Konkret ging es um zwei unterschiedliche Facebook-Posts, auf denen Hakenkreuze zu sehen gewesen sind. In beiden Fällen war eine klare Distanzierung zur nationalsozialistischen Ideologie klar zu lesen und erkennbar. Wurde Maygutiak im ersten Fall freigesprochen, so ging Richter Lehmann beim zweiten Fall in die Vollen und überbot noch die Forderung der Staatsanwaltschaft. Bei dem Post, der zur Verurteilung führte, waren ein historisches Bild eines Straßenzuges in den 1930er-Jahren mit Hakenkreuzen zu sehen, rechts daneben ein Bild mit einer durchgängig mit Regenbogen-Fahnen beflaggten Straße. Im Kommentar wurde die Funktionsweise von Ideologien und deren Fahnen, die keine hoheitlichen Fahnen sind oder waren, verglichen. Erkennbar auch hier, dass sich Maygutiak keinesfalls gemein macht mit beiden der aufgeführten Ideolgien. Diese hatte er in einem zusätzlichen Kommentar unter dem Post, der auch dem Gericht vorlag, unmissverständlich geschrieben.
Dass eine Nähe Maygutiaks zum Nationalsozialismus absurd ist, begründete dieser auch mit der eigenen Familiengeschichte. Seine Großeltern väterlicherseits mussten unter den Nationalsozialisten Zwangsarbeit leisten.
Die Staatsanwaltschaft hatte für Maygutiak, der bisher noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, 65 Tagessätze zu 90 Euro gefordert (damit wäre er nicht vorbestraft), Maygutiaks Rechtsanwalt Dirk Schmitz hatte auf Freispruch plädiert. Richter Lehmann verurteilte Maygutiak zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung und einer Geldstrafe von 5000 Euro sowie zu 50 Sozialstunden bei der Flüchtlingshilfe. Mit seinem Hinweis, er (Maygutiak) solle seine politische Meinung derweil ändern und die AfD verlassen, hatte der Urteilsspruch etwas von DDR-Justiz, die einen auf den falschen Pfad gelangten Genossen erzieherisch auf den richtigen politischen Weg bringen soll. Maygutiak ist 51 Jahre alt und in seiner Persönlichkeit durchaus gefestigt.
Taras Maygutiak erklärte nach der Gerichtsverhandlung, dass er das Urteil nicht akzeptieren könne. Sein Rechtsanwalt Dirk Schmitz kündigte noch im Gerichtssaal an, dass man Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werden.