Man stelle sich vor, die AfD-Gemeinderatsfraktion stellte einen Antrag, der gegen Artikel 3, Absatz 3, des Grundgesetzes, gegen das Antidiskriminierungsgesetz, gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und obendrein womöglich den Straftatbestand der versuchten Nötigung beinhaltete. Schockschwerenot, da wäre was los. Ein solcher Antrag würde ziemlich sicher auf dem schnellsten E-Mail-Wege ans Landesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet. Jetzt muss ich einigen aber gleich die Vorfreude nehmen: ich bekäme einen solchen Schnitzer gar nicht hin. Meine Rechtstreue und mein Rechtsempfinden sind dafür zu ausgeprägt. Bei der SPD sieht es da anders aus. Weil der Gemeinderatsbeschluss zur Vermietung von Räumen der Stadt und ihrer Tochtergesellschaften vor drei Jahren - mit dem Ziel, die AfD auszugrenzen - nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Grunde für die Tonne gewesen ist, dachte man sich wohl, man müsse den Karlsruher Richtern mal zeigen, wo der Bartel den Most holt. Mit dem neuen Antrag möchte man dem höchsten Gericht offensichtlich detaillierter widersprechen. Das BVerfG meint, eine politische Partei müsse verboten sein, um diese aus öffentlichen Hallen auszuschließen. Die SPD Offenburg ist der Ansicht, die (politisch motivierte!) Beobachtung reiche aus.Hand aufs Herz: ist das jetzt größenwahnsinnig oder einfach nur strunzdumm? Bei der Formulierung im Antrag, "Parteien und Gruppierungen eines bestimmten politischen Spektrums fernzuhalten", will man gezielt Personen mit anderen politischen Meinungen benachteiligen. Wer so etwas fordert, gehört dringend unter Beobachtung. Nun ist ein Gemeinderatsbeschluss kein Verwaltungsakt, da er keine Außenwirkung hat. Liebe Gemeinderatskollegen, wir können doch den OB nicht dazu nötigen, solche rechtlich und verfassungsrechtlich bedenklichen Beschlüsse umzusetzen, nur um Außenwirkung zu bekommen. Wenn der Antrag zugelassen wird, juckt uns das aus AfD-Perspektive herzlich wenig. Ich gebe aber objektiv zu bedenken, dass wir mit solch fragwürdigen Anträgen den Gemeinderat und den OB ohne Not beschädigen. Lächerlich macht sich das Gremium allemal.
Taras Maygutiak, Stadtrat in Offenburg