Man weiß nicht, was schlimmer ist: die freihändige Rechtsauslegung des Ordnungsamtes oder die Tatsache, dass sich keiner der selbst-gefühlt moralisch unfehlbaren sogenannten Zivilgesellschaft über das willkürliche Vorgehen gegen den Glühweinstand-Betreiber an dem Platz vor dem Rée-Carré vernehmbar echauffiert. Rechtlich hat man nicht wirklich eine Handhabe gegen Bürger, die friedlich spazieren gehen. Dann statuieren wir eben ein Exempel und vernichten das Geschäft desjenigen, der sich erdreistet, denen Glühwein auszuschenken, die nicht auf staatlich vorgegebener Spur laufen, war wohl die Intention. Etwas anderes lässt sich aus dem Artikel des Offenburger Tageblatt für mich nicht interpretieren. "Das Ordnungsamt hatte dem Betreiber verdeutlicht, dass es diesen Glühweintreff montags nicht mehr geben sollte", war dort zu lesen gewesen. Wie schäbig! Hätte ich nicht selbst schon am eigenen Leibe zu spüren bekommen, wie die manchmal doch seltsamen Rechtsauffassungen des Ordnungsamtes sind, dann hätte ich die Geschichte nicht geglaubt. Auch wenn man sich beim Ordnungsamt jetzt ob dieses heldenhaften Sieges im Namen der Sicherheit vermutlich die Schultern wund klopft: an den Spaziergängen ändert das sehr wahrscheinlich nichts. Dann halt ohne Glühwein, na und? Ich habe mich nur gefragt, was wohl geschehen würde, stünden die Bürger montags nach ihrem Spaziergang im Pulk an einem der unzähligen Corona-Test-Zentren in der Stadt. Würde das dann auch geschlossen werden? Am kommenden Dienstag, um 14 Uhr, wollen Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen vor dem Landratsamt ihren Unmut kundtun, habe ich gelesen. Die werden ihre Wasserfläschchen wohl dabei haben, vermute ich. Viel Flüssigkeit ist gut, wissen die die Leute vom Fach. Das muss nicht zwingend Glühwein sein. Protest geht auch ganz nüchtern, dafür deutlich.