Post hatte ich bekommen, E-Mails hatte ich auf dem Rechner und auf der Straße wurde ich ebenfalls angesprochen: Herr Schäuble soll wirklich Ehrenbürger werden? Während sich manche vor Glückseligkeit gar nicht mehr einkriegen und vor Freude Purzelbäume schlagen, sehen das andere mit Stirnrunzeln oder schütteln gleich den Kopf. Ich gehöre zu den letzteren. Wolfgang Schäuble mag sich nach seinem jahrzehntelangen politischen Wirken Verdienste ans Rever heften können. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Zu viel Schatten, für meinen Geschmack. Die Wiedervereinigung und der von Schäuble maßgeblich ausgehandelte Einigungsvertrag haben den faden Geschmack der Lüge, Michael Gorbatschow habe das Fortbestehen der Bodenreform als Voraussetzung für die Wiedervereinigung genannt. Das ist kein Ruhmesblatt. Maßgeblich vorangetrieben hat Schäuble auch zahlreiche Bürgschaften und Transferzahlungen aus deutschen Steuergeldern an andere EU-Staaten - und wir alle zahlen die Zeche. Damit nicht genug: mehrmals hatte er öffentlich erklärt, er wolle die letzten Reste deutscher Souveränität auf dem Altar der "europäischen Einigung", sprich der Brüsseler Tyrannei, opfern. So plädiert er dafür, das Haushaltsrecht des Bundestages an das EU-Parlament abzugeben. Und bleiben wir beim Geld: können Sie sich an die CDU-Spendenaffäre mit den "Bimbes"-Köfferchen erinnern? Als es in der Union noch so etwas wie Werte gab, hatte Schäuble das den Parteivorsitz und Kohl den Ehrenvorsitz gekostet. Es reicht also, den einstigen CDU-Maßstab anzulegen. Was für die Union recht war, sollte für Offenburg billig sein. Legt man also die Latte an, kann dabei nüchtern betrachtet keine Ehrenbürgerschaft herausspringen. Der Tag der Verleihung - die Neueröffnung des Salmen im Mai 2022 - hat mich allenfalls zu einer Idee inspiriert. Da könnte man Friedrich Hecker und Gustav Struve posthum die Ehrenbürgerwürde verleihen. Die hätten es verdient. Ehre, wem Ehre gebührt.